Intersektionaler Feminismus

Intersektionalität bedeutet die Anerkennung von Mehrfachdiskriminierungen. Das bedeutet, dass eine Person häufig nicht nur aufgrund von einem Merkmal allein diskriminiert wird (z.B., weil sie eine Frau* ist), sondern aufgrund der Verschränkung mehrerer Merkmale miteinander (z.B., weil sie ebenso Schwarz ist). So ist eine Schwarze Frau* gleichzeitig von Sexismus und Rassismus betroffen, genauso wie ein homosexueller weißer Mann*, der im Rollstuhl sitzt, ebenso von mehreren Diskriminierungsformen gleichzeitig betroffen ist.

In der Praxis lässt sich häufig nicht genau sagen, aufgrund welches Merkmals die Person eine Diskriminierung erlebt – zumeist handelt es sich um ein Zusammenspiel und eine Verflechtung von verschiedenen Diskriminierungsformen.

Ein intersektionaler Feminismus hat sich zum Ziel gesetzt, Mehrfachdiskriminierungen anzuerkennen und Mehrfachzugehörigkeiten zu akzeptieren. Das bedeutet, er kämpft einerseits für eine gerechtere Gesellschaft für Personen aller Geschlechter und gegen den Abbau von Sexismus, akzeptiert aber andererseits, dass es neben Sexismus andere wirkmächtige Diskriminierungsformen gibt, die ebenso abgebaut werden müssen. Sexismus wird somit nicht mehr losgelöst von strukturellen Unterdrückungen wie Rassismus, Klassismus, Ableismus etc. gedacht.

Dies hat zur Folge hat, dass auch Differenzen zwischen Frauen* thematisiert werden können. Ein intersektionaler Feminismus möchte daher nicht für alle* sprechen, sondern individuelle Unterschiede zwischen Personen anerkennen. Gleichzeitig ist er genau aus diesem Grund inklusiver, gerechter und solidarischer als ein Feminismus, der allein weiße Frauen* in den Fokus nimmt und die Existenz von anderen Diskriminierungsformen weitestgehend ignoriert.

Zur Geschichte

Der Begriff Intersektionalität geht auf die afroamerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw (1989) zurück. In ihrer Analyse von sogenannten Civil Rights Cases stellte sie erstmals fest, dass verschiedene Unterdrückungsformen nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können.

Der intersektionale Feminismus entstand in der Schwarzen feministischen Bürger*innenbewegung der 1960er Jahre aus einer Kritik an dem damaligen Feminismus in den USA, der hauptsächlich weiße Frauen* aus der Mittelschicht in den Blick nahm.

Das Combahee River Collective (1974 – 1980), dem sich später auch Audre Lorde anschloss, griff den Begriff später wieder auf und sprach sich für die Notwendigkeit von Identitätspolitik** aus: sie selbst als Schwarze, lesbische Feministinnen erlebten allzu oft, dass ihr Belange im Mainstream Feminismus kein Gehör fanden. Sie sprachen sich dafür aus, dass eine feministische Bewegung verschiedene Perspektiven einnehmen muss und weiße Frauen* lernen sollten, das Micro an andere Sprecher*innen abzugeben.

 

**Identitätspolitik beschreibt ein politisches Handeln, bei dem die Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen im Fokus stehen und deren gesellschaftliche Teilhabe gestärkt werden soll.

 

Zum Weiterlesen und Weiterdenken:

https://hdkv.de/leseraum/intersektionaler-feminismus/

https://www.fluter.de/was-ist-intersektionaler-feminismus

https://www.unwomen.de/ueber-uns/un-women-kaempft-fuer-gleichstellung/intersektionaler-feminismus.html

https://www.amazedmag.de/gerechtigkeit-fuer-alle-wie-intersektionaler-feminismus-unseren-horizont-erweitert/